Beuth über Attentat von Hanau :
„Die hessische Polizei hat insgesamt gute Arbeit geleistet“

Von Robert Maus, Wiesbaden
Lesezeit: 3 Min.
Vor dem Untersuchungsausschuss: Innenminister Peter Beuth (CDU)
Hessens Innenminister Peter Beuth hat in der voraussichtlich letzten Sitzung des Hanau-Untersuchungsausschusses ausgesagt. Er räumt Fehler ein, verteidigt aber die Sicherheitsbehörden.

Die hessische Polizei habe in der Nacht des rassistischen Anschlags von Hanau keine Möglichkeit gehabt, die Morde zu verhindern. Es sei auch im Vorfeld der Tat nicht möglich gewesen, diese zu verhindern, weil der Täter bis dahin als nicht gefährlich galt. Das hat Innenminister Peter Beuth (CDU) am Freitag während der wahrscheinlich letzten Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu den Morden vom 19. Februar 2020 ausgesagt. Die erste Aussage Beuths in dem Ausschuss war mit Spannung erwartet worden. Der Innenminister räumte ein, dass es bei Themen wie der Opferbetreuung und dem aus technischen Gründen überlasteten Notruf Mängel gegeben habe, beides sei verbessert worden. Beuth bestätigte, dass es Fehler gegeben habe. Ein Schuldeingeständnis, wie von den Angehörigen der Opfer gefordert, sprach er nicht aus. Er dankte den Einsatzkräften für ihr „beherztes Eingreifen“ und konstatierte: „Die hessische Polizei hat insgesamt gute Arbeit geleistet.“

Etwa eine Dreiviertelstunde dauerte die Erklärung des Innenministers, er sprach den anwesenden Angehörigen der Opfer sein Beileid aus und legte dar, warum die Polizei aus seiner Sicht „keineswegs versagt“ habe. Laut Beuth seien alle Ermittlungsverfahren und Dienstaufsichtsbeschwerden abgeschlossen, die Vorwürfe gegen die Polizei hätten sich nicht bestätigt. Gleichwohl bestätigte Beuth, dass die Aufarbeitung Defizite aufgezeigt hätten. „Es gibt in der Nachbetrachtung Bereiche, in denen wir besser werden müssen“, sagte Beuth und fügte an: „Wir werden weiter daran arbeiten, Lehren aus dem Geschehenen zu ziehen.“ Er zeigte sich aber überzeugt, dass auch frühere Verbesserungen die Morde nicht hätten verhindern können.

Vergeblich den Notruf gewählt

Im Detail ging Beuth auf die Vorwürfe zur Opferbetreuung, des fehlerhaften Notrufs und auch auf den verschlossenen Notausgang in der Arena-Bar ein. Ein Schwerpunkt der Zeugenvernehmung im Ausschuss war der Notruf in Hanau, der über keinen Überlauf verfügte. Beuth teilte auf Nachfrage der SPD-Abgeordneten Heike Hofmann mit, dass ihm dies vorher nicht bekannt gewesen sei. Auf die Frage des AfD-Abgeordneten Robert Lambrou, wer die politische Verantwortung trage, sagte Beuth: „Ganz am Ende hat immer der Innenminister die Verantwortung.“ Er verstehe seine Verantwortung so, dass er sich um Verbesserungen bei der Polizei kümmern müsse und Lehren aus den Fehlern ziehe. Beuth stellte klar, dass es ihn betroffen gemacht habe, dass der vom Täter erschossene Vili-Viorel Paun vergeblich den Notruf gewählt hatte. Ein Ermittlungsverfahren deswegen hatte die Hanauer Staatsanwaltschaft aufgrund eines fehlenden Anfangsverdachts im Juli 2021 abgelehnt.

Der Notausgang in der Arena-Bar sei nicht aufgrund von Absprachen zwischen Polizei und Wirt verschlossen gewesen, stellte der Innenminister klar. Vielmehr hätte die Polizei den Hinweis, dass der Notausgang bei früheren Kon­trollen der Bar verschlossen war, an die Gewerbeaufsicht weitergegeben. Ziel sei es gewesen, dem Betreiber die Konzession abzunehmen.

Struktur der Opferbetreuung geändert

Die Kommunikation mit den Opferfamilien hätte besser sein müssen, räumte Beuth ein. Dass dies nicht der Fall war, habe unter anderem daran gelegen, dass es keinen festen Zuständigkeiten gab. So hätten die eingesetzten Kontaktbeamten die Angehörigen auch über die Beschlagnahme der Leichen informieren müssen. Dies habe das Vertrauensverhältnis zerstört, und die Beamten seien fast nur noch mit den Gefährderansprachen in Verbindung gebracht worden. Daher seien das Konzept der Kontaktbeamten und die Struktur der Opferbetreuung inzwischen geändert worden.

Wer aber hatte der Polizei den Auftrag erteilt, gegenüber den Angehörigen der Opferfamilien sogenannte Gefährderansprachen zu führen? Diese Frage konnte der Zeuge Robert S., der vor Beuth ausgesagt hatte, nicht beantworten. Nach Aussage des ehemaligen Polizeiführers wurde zwar in der Nacht auf den 24. April 2020 im Führungsstab des Landeskriminalamtes eine Diskussion darüber geführt, aber es sei kein entsprechender Auftrag ergangen.

In dem Hanau-Untersuchungsausschuss versuchen Abgeordnete des hessischen Landtags zu klären, ob und welche Fehler es bei den Behörden in Zusammenhang mit den rassistischen Morden von Hanau gegeben hat. Am 19. Februar 2020 hatte der rechtsextreme und psychisch kranke Tobias R. in Hanau neun Menschen erschossen und anschließend seine Mutter und sich selbst getötet. Der Abschlussbericht des Ausschusses soll erst nach der Landtagswahl am 8. Oktober veröffentlicht werden.