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Genom-Vergleich Orang-Utan und Mensch sind nahezu identisch

Das Erbgut des Orang-Utans ist entschlüsselt. Es ist zu sehr großen Teilen mit unserem identisch. Trotzdem fasziniert es die Forscher - weil es sich über Jahrmillionen nur langsam verändert hat.
Orang-Utan mit Pfleger (in einem Zoo in Thailand, 2009): Genetisch fast identisch

Orang-Utan mit Pfleger (in einem Zoo in Thailand, 2009): Genetisch fast identisch

Foto: A2800 epa Pirunla-Ong/ dpa

London - Wenn man sich die Entwicklungsgeschichte ansieht, dann ist der Orang-Utan unter den Menschenaffen unser am weitesten entfernter Verwandter. Vor 12 bis 16 Millionen Jahren trennten sich unsere genetischen Wege. Das ist früh, wenn man bedenkt, dass dasselbe mit dem Schimpansen erst vor etwa 4,5 bis 6 Millionen Jahren passierte. Und doch verbindet uns auch mit dem Orang-Utan genetisch gesehen überraschend viel.

Erbgut

Das zeigen die Analysen eines internationalen Forscherteams, das sich das Erbgut der Affenart angesehen hat. Das von Mensch und Orang-Utan ist zu 97 Prozent identisch, schreiben die Wissenschaftler um Devin Locke vom Genome Center der Washington University in Saint Louis (US-Bundesstaat Missouri) im Wissenschaftsmagazin "Nature" . Damit liegen die Werte nicht weit unterhalb denen vom Schimpansen, deren Genom zu 99 Prozent mit uns übereinstimmt.

Mehr als hundert Wissenschaftler von 31 verschiedenen Forschungsinstituten hatten zunächst das Erbgut eines Orang-Utan-Weibchens namens Susie untersucht. Es gehörte zur Sumatra-Art der Tiere (Pongo abelii). Mit Hilfe dieses Referenzgenoms analysierten die Forscher anschließend noch das Erbgut von fünf weiteren Sumatra-Orang-Utans sowie von fünf Borneo-Orang-Utans (Pongo pygmaeus). Die Analyse zeigte auch, dass sich die Entwicklungslinie der beiden Orang-Utan-Arten viel später trennte als bisher angenommen, nämlich erst vor etwa 400.000 Jahren.

Der Name Orang-Utan bedeutet in der Sprache Malaysias "Waldmensch" und weist darauf hin, dass die Tiere wann immer möglich auf Bäumen leben. Nur selten kommen die Orang-Utans überhaupt auf den Boden. Durch Abholzungen der Wälder, die Fragmentierung ihres Lebensraums und auch durch die Jagd ist das Überleben der Affen in freier Natur aber bedroht. Auf der Roten Liste der bedrohten Arten sind die Sumatra-Orang-Utans als "vom Aussterben bedroht" und die Borneo-Orang-Utans als "stark gefährdet" eingestuft.

Trotz der langsamen Veränderung des Orang-Utan-Genoms gibt es eine große genetische Vielfalt, wie die Forscher herausgefunden haben. So haben die beiden Populationen zusammen etwa doppelt so viele Gen-Variationen wie der Mensch. Unter den Sumatra-Orang-Utans sei die genetische Diversität noch höher als unter den Borneo-Orang-Utans - und das obwohl es in freier Wildbahn gerade noch 7000 Exemplare gibt. Die Zahl der Borneo-Orang-Utans wird auf etwa 50.000 geschätzt. Es sei ein Rätsel, wie die kleine Population auf Sumatra eine so hohe Vielfalt erhalten habe, sagt Locke.

Eine große genetische Vielfalt ist grundsätzlich von Vorteil fürs Überleben. Sie erleichtert es den Tieren, sich an Veränderungen ihrer Umwelt anzupassen. Ob die Orang-Utans jedoch angesichts der anhaltenden Zerstörung ihres Lebensraums davon profitieren können, sei fraglich, schreiben die Forscher.

chs/dpa