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Verschleppter Aktivist Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd in Teheran zum Tode verurteilt

Jamshid Sharmahd wurde entführt und in Teheran vor Gericht gestellt. Nun ist der Deutsch-Iraner zum Tode verurteilt worden – wegen »Korruption auf Erden«. Amnesty International hat das Verfahren als Schauprozess bezeichnet.
Jamshid Sharmahd während des Prozesses in Teheran (am 6. Februar)

Jamshid Sharmahd während des Prozesses in Teheran (am 6. Februar)

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Koosha Mahshid Falahi / AP

Die iranische Justiz hat den iranisch-deutschen Staatsangehörigen Jamshid Sharmahd wegen »Korruption auf Erden« zum Tode verurteilt. Das berichtet die Nachrichtenagentur Mizan.

Jamshid Sharmahd hatte sich als Aktivist vor allem aus dem US-amerikanischen Exil heraus für die iranische Opposition eingesetzt. Er wird von Iran beschuldigt, eine promonarchistische Gruppe angeführt zu haben, die eines tödlichen Bombenanschlags im Jahr 2008 im Land beschuldigt wird.

Sharmahd wurde im Sommer 2020 Berichten zufolge vom iranischen Geheimdienst in Dubai festgenommen und nach Iran gebracht . Seitdem ist er in Teheran inhaftiert. Zuvor lebte Sharmahd jahrelang in den USA. Seine Familie und Menschenrechtsgruppen wiesen die Vorwürfe gegen ihn in der Vergangenheit zurück.

Zuletzt befand sich Jamshid Sharmahd an einem unbekannten Ort, Kontakt zu den Angehörigen wurde ihm offenbar nur alle paar Monate gestattet . Laut seiner Tochter soll Sharmahd im Gefängnis gefoltert worden sein und stark abgenommen haben. Die notwendige Behandlung für seine Parkinson-Erkrankung soll ihm zum Teil verweigert worden sein. Ein durch die Familie beauftragter Anwalt soll ebenso wie deutsche Diplomaten keinen Zugang zu Sharmahd bekommen haben.

Sharmahd engagierte sich in den USA in der Exil-Oppositionsgruppe »Tondar« (Donner), die sich für eine Rückkehr der Monarchie einsetzt. Irans Justiz macht die Organisation für einen Anschlag im Jahr 2008 in einer Moschee der Stadt Schiras mit mehreren Toten verantwortlich. Drei Männer wurden deswegen bereits hingerichtet.

Amnesty spricht von Schauprozess

Sharmahd beteiligte sich als Ingenieur und IT-Experte auch an einem Radioprogramm der Exilgruppe. Auf der Website der Gruppe, die inzwischen zwar gelöscht ist, sich aber archiviert abrufen lässt, hieß es 2019, die Radioshow sende Inhalte zu Politik, Geschichte, aber auch Anleitungen zum Widerstand. Tondar prangerte dort die Verfolgung seiner Mitglieder durch die Islamische Republik an.

Unklar ist, ob Sharmahd konsularischen Beistand von der deutschen Botschaft in Teheran erhalten kann. Iran behandelt Doppelstaatsbürger juristisch wie Iraner. Amnesty International hatte das Verfahren in der Vergangenheit als Schauprozess bezeichnet.

CDU-Chef Friedrich Merz hatte Anfang Januar angekündigt, Sharmahds politische Patenschaft zu übernehmen. »Mit meiner Patenschaft will ich ein Zeichen setzen für alle Männer und Frauen, die in Iran für ein freies, selbstbestimmtes Leben kämpfen«, hieß es auf Merz' Twitteraccount . »Die Welt schaut zu, was in Iran passiert.«

Mit sieben Jahren nach Hannover gekommen

Jamshid Sharmahd ist in Teheran geboren. Im Alter von sieben Jahren kam er mit seinem Vater nach Hannover. Er hat den Großteil seines Lebens in Deutschland verbracht, eine Ausbildung zum Elektriker gemacht, ehe er studierte und Ingenieur wurde. Seit 1995 besitzt er neben der iranischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft.

Derzeit sind mehrere europäische Staatsbürger in Iran inhaftiert, viele von ihnen besitzen auch die iranische Nationalität. Kritiker werfen Iran vor, ausländische Staatsbürger als politische Geiseln festzusetzen. Teheran weist die Vorwürfe zurück und begründet die Festnahmen üblicherweise mit dem Vorwurf der Spionage.

Wie viele Deutsche sich derzeit in Iran in Haft befinden, dazu macht das Auswärtige Amt auf SPIEGEL-Anfrage keine Angaben . Bekannt ist aber neben Sharmahd auch noch der Fall der Kölner Architektin Nahid Taghavi, die seit Oktober 2020 im Gefängnis ist und unter anderem wegen angeblicher Beteiligung an einer illegalen Gruppe und »Propaganda gegen den Staat« zu mehr als zehn Jahren Haft verurteilt wurde.

Zuletzt hatte das Auswärtige Amt deutsche Staatsbürger, die sich noch im Land befinden, zur Ausreise aufgefordert und eine Reisewarnung für Iran ausgesprochen. »Für deutsche Staatsangehörige besteht die konkrete Gefahr, willkürlich festgenommen, verhört und zu langen Haftstrafen verurteilt zu werden«, hieß es auf der Internetseite, vor allem Doppelstaatsangehörige seien gefährdet.

sol/ara/dpa/Reuters