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Liechtenstein: Zu Gast beim Fürsten

Foto: Liechtenstein Marketing

Liechtenstein wird 300 Jahre alt Banken, Berge, Bohrmaschinen

"Steueroase" - das fällt wohl jedem zum Thema Liechtenstein ein. Dabei gibt es viel mehr über den Zwergstaat zu erzählen, erst recht zum 300. Geburtstag. Hier sind die wichtigsten Fakten, Sie werden vaduzt sein!

Wenn es nach dem Fürsten geht, wird es eine große Party. Es wurde eine eigene Homepage eingerichtet. Ein Jubiläumsmagazin gedruckt. Ein Geburtstagsmarsch organisiert. Ein Festakt angekündigt. Der Nationalfeiertag in "Staatsfeiertag 300" umgetauft. Kameras und Livestreams sollen zeigen, wie Liechtenstein am 23. Januar seinen 300. Geburtstag feiert.

Am 23. Januar 1719 vereinigte Fürst Anton Florian von Liechtenstein die Herrschaft Schellenberg und die Grafschaft Vaduz zum Reichsfürstentum Liechtenstein. Der viertkleinste Staat Europas und sechstkleinste der Welt ist heute eines der wohlhabendsten Länder Europas. Viele verbinden mit dem Land eine Steueroase mitten in den Alpen - doch Liechtenstein hat sich gewandelt.

Der Fürst

Alois Philipp Maria von und zu Liechtenstein herrscht heute über ein Gebiet, dass nur halb so groß ist wie München - doch seine Macht ist gewaltig. Im Fürstentum Liechtenstein kann er durchregieren: Der Erbprinz, der 2004 die Regierungsgeschäfte von seinem Vater Hans-Adam II. übernahm, darf Gesetze ablehnen, die Regierung austauschen und Richter ernennen.

In der Realität macht der Erbprinz von seiner Macht allerdings selten Gebrauch. Er selbst setzte sein Vetorecht bei Parlamentsbeschlüssen während seiner Regentschaft noch kein einziges Mal ein. Und auch insgesamt wurde es seit der Verabschiedung der Verfassung 1921 erst drei Mal verwendet.

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Das dürfte auch daran liegen, dass seine Macht - so groß sie theoretisch sein mag - von der Gunst seines Volkes abhängt. Mit einer einfachen Mehrheit könnten die Liechtensteiner die Monarchie abschaffen. Das hat die Adelsfamilie immer im Blick: Ihr Anwesen liegt majestätisch an einem Steilhang, der Blick geht hinunter ins Tal, dort leben die 38.000 Einwohner des Landes - 25.000 Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner und etwa 13.000 aus dem Ausland.

Sein Volk

Liechtenstein besteht aus elf Gemeinden. Die Hauptstadt Vaduz liegt am Rhein.

Der friedliche Eindruck kann jedoch täuschen. 2003 probten die Liechtensteiner, dem Monarchen sonst wohlgesonnen, den Aufstand. Anlass war die "Fürsteninitiative", die Hans-Adam II. und Sohn Alois vorgebracht hatten - sie wollten damit ihre ohnehin schon starke Position im Machtgefüge von Liechtenstein stärken. Erst seit der Initiative dürfen sie etwa die Regierung entmachten. Die Gegner forderten hingegen, dem Volk mehr Rechte einzuräumen.

Doch dann gelang der Adelsfamilie ein Coup: Sie kündigte an, ihren Herrschersitz nach Wien zu verlegen, sollten die Bürger ihre Initiative ablehnen. Das Papier erhielt in der folgenden Abstimmung 64,3 Prozent der Stimmen - und der Fürst blieb.

Sein Geld

Kleines Land, großes Steuerparadies: Dieses Image haftet Liechtenstein bis heute an. Tatsächlich trägt die Finanzwirtschaft immer noch zu knapp einem Viertel zur Wertschöpfung des Landes bei. In den letzten Jahren ist es für Steuersünder aber schwerer geworden, ihr Geld in dem Land unversteuert zu parken. Liechtenstein hat Finanzreformen angestoßen, kooperiert weitgehend mit den europäischen Nachbarn. EU-Staaten erhalten automatisch detaillierte Angaben zu Ausländern, die ihr Steuerdomizil im Ausland haben und in Liechtenstein ein Konto besitzen.

Ausgelöst hat die Reformen, wenn man so will, ein Mann, der lange in Liechtenstein als Staatsfeind galt. Heinrich Kieber. Der ehemalige Mitarbeiter der LGT-Bank - ausgerechnet im Besitz der Fürstenfamilie -, hatte die Daten Hunderter Steuersünder geklaut und via CD an die Finanzbehörden der Heimatländer verkauft. Prominentester deutscher Steuersünder in dem Skandal: der damalige Deutsche-Post-Chef Klaus Zumwinkel.

Einst war Liechtenstein ein armes Land. Heute zählt es zu den wohlhabendsten Staaten der Welt. Es herrscht Vollbeschäftigung. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung arbeitet in der Industrie, zum Beispiel beim bekannten Werkzeughersteller Hilti.

Die Fürstenfamilie gilt als eine der reichsten Adelsfamilien Europas. Erbprinz Alois und sein Vater sind von den Steuern befreit. Er selbst rechtfertigt das in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" so: "Unsere Arbeit, unsere Empfänge, unsere Reisen im Dienste des Landes zahlen wir aus eigener Tasche. Das summiert sich auf mehrere Millionen im Jahr." Anders als andere Monarchien bekommen Fürst und Erbprinz vom Staat kein Geld.

Seine Nachbarn

25 Kilometer lang, zwölf Kilometer breit, 160 Quadratkilometer groß - so duckt sich Liechtenstein ins Alpenmassiv zwischen die Schweiz und Österreich. Kein Flugplatz, keine Autobahn. Mitten in Europa - doch nicht in der Europäischen Union.

Wie kann sich so ein kleines Land behaupten? Es komme auf Freundschaften und gute internationale Beziehungen an, sagte der Bruder des Fürsten - ein langjähriger Diplomat -, der "Neuen Zürcher Zeitung" einmal, und weiter: "Keine Frage, Sympathie ist wichtig". Die Schweiz und Österreich hätten Liechtenstein oft unterstützt.

Das Land entsendet Diplomaten nach Berlin, Bern, Brüssel, Genf, New York, Straßburg, Washington und Wien. Der Europäische Wirtschaftsraum EWR, eine erweiterte Freihandelszone der EU mit Liechtenstein, Island und Norwegen, garantiert Liechtenstein ein stabiles wirtschaftliches Verhältnis zur EU. Zum 300. Geburtstag des Landes sind auch die Vertreter der EU-Nachbarn eingeladen, zum Beispiel der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Eine historische Chance, Liechtenstein vom XXS- zum XXL-Staat aufzublasen, verpasste 1867 der damalige Fürst. So zumindest schrieb es vor Kurzem Fürst Hans-Adam in einem Brief an die Liechtensteiner Tageszeitungen; "es ist kein Gerücht", sagte Hans-Adam zu der Geschichte, zu der es keinen schriftlichen Beleg gibt. Sie geht so: Damals fragte der russische Zar Alexander den Fürsten Franz, ob er Alaska von Russland abkaufen möchte. Der Fürst verzichtete - in der Annahme, auf dem 1,6 Millionen Quadratkilometer großen Gebiet gäbe es nichts zu holen. Er überließ Alaska den Amerikanern zum Kauf. Die dort gewaltige Mengen Gold und Erdöl fanden.