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Kremlkritiker Nawalny laut Bundesregierung mit Nervenkampfstoff vergiftet

Alexej Nawalny wurde mit einem Nervenkampfstoff vergiftet. Das teilte die Bundesregierung zu dem Kremlkritiker mit, der in der Berliner Charité behandelt wird. Das Auswärtige Amt bestellte den russischen Botschafter ein.
Alexej Nawalny

Alexej Nawalny

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SERGEI ILNITSKY / EPA-EFE / Shutterstock

Bei dem in Deutschland in Behandlung befindlichen russischen Regierungskritiker Alexej Nawalny wurde nach Angaben der Bundesregierung "der zweifelsfreie Nachweis" eines chemischen Nervenkampfstoffs aus der Nowitschok-Gruppe erbracht. Das erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin.

"Es ist ein bestürzender Vorgang, dass Alexej Nawalny in Russland Opfer eines Angriffs mit einem chemischen Nervenkampfstoff geworden ist", so Seibert. "Die Bundesregierung verurteilt diesen Angriff auf das Schärfste. Die russische Regierung ist dringlich aufgefordert, sich zu dem Vorgang zu erklären." Wie das nachgewiesene Gift im Körper wirkt, lesen Sie hier.

Sergej Netschajew, russischer Botschafter in Berlin

Sergej Netschajew, russischer Botschafter in Berlin

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Kay Nietfeld/ DPA

Das Auswärtige Amt bestellte wegen der neuen Untersuchungsergebnisse den russischen Botschafter ein. "Ihm wurde dabei nochmals unmissverständlich die Aufforderung der Bundesregierung übermittelt, die Hintergründe dieser nun nachweislichen Vergiftung von Alexej Nawalny vollumfänglich und mit voller Transparenz aufzuklären", sagte Außenminister Heiko Maas (SPD).

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Bundeskanzlerin Angela Merkel habe sich mit Finanzminister Olaf Scholz, Außenminister Heiko Maas, Innenminister Horst Seehofer, Justizministerin Christine Lambrecht, Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sowie dem Chef des Bundeskanzleramts, Helge Braun, am Mittag beraten und weitere Schritte abgestimmt.

DER SPIEGEL

Das Auswärtige Amt werde den Botschafter Russlands über die Untersuchungsergebnisse unterrichten, und die Bundesregierung werde ihre Partner in EU und Nato darüber informieren. "Ferner wird die Bundesregierung mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) Kontakt aufnehmen", sagte Seibert. Sowohl auf Nato- als auch auf EU-Ebene wurde in einem Briefing eine angemessene Reaktion angemahnt. Wörtlich heißt es, eine scharfe Reaktion gegenüber Moskau sei "unvermeidbar".

In einem vertraulichen Briefing für ausgewählte Verteidigungs- und Außenpolitiker des Bundestags machte die Bundesregierung keinen Hehl daraus, dass man staatliche Stellen in Russland als Täter vermutet. So verneinten die Regierungsvertreter eindeutig die Nachfrage eines Abgeordneten, ob zum Beispiel Kriminelle ein solches Gift auch im Keller oder einem gut ausgestatteten Labor herstellen könnten.

Das russische Präsidialamt teilte kurze Zeit später mit, es sei von der Bundesregierung noch nicht in Kenntnis gesetzt worden.

Nawalny, der am 20. August auf einem Flug in seiner Heimat plötzlich ins Koma gefallen war und zunächst in Omsk untersucht wurde, wird auf Drängen seiner Familie in der Charité behandelt. Die deutschen Ärzte gingen nach einer Auswertung von klinischen Befunden bereits davon aus, dass Nawalny vergiftet wurde. Die russische Regierung hatte die Einschätzung der Berliner Charité als vorschnell bezeichnet.

Der Zustand Nawalnys ist demnach weiter kritisch. Die Ärzte wollen ihn noch mindestens zwei Wochen im Koma lassen. Ob es Spätschäden gibt, können sie noch nicht sagen.

Auch die Charité äußerte sich: Nawalnys Zustand sei "weiterhin ernst".

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Die Linke warnte umgehend nach der Unterrichtung durch die Bundesregierung vor vorschnellen Schuldzuweisungen. "Solange die genaue Ursache und der eingesetzte Kampfstoff nicht zweifelsfrei geklärt ist, sollte sich die Bundesregierung mit Reaktionen und Schuldzuweisungen gegenüber Moskau zurückhalten", sagte Alexander Neu dem SPIEGEL. 

als/mgb/Reuters/dpa/AFP