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Umweltgutachten Rot-Grün bekommt schlechtes Ökozeugnis

Mangelhafte Noten hat der Umweltrat der Bundesregierung ausgestellt. Die Umweltpolitik von Rot-Grün gerate wegen der schlechten Wirtschaftslage immer stärker ins Hintertreffen. So habe die Regierung beim Klimaschutz eine historische Chance vertan.



Berlin - Die rot-grüne Umweltpolitik habe spürbar an Dynamik verloren, heißt es im diesjährigen Umweltgutachten, das heute in Berlin veröffentlicht wurde. Scharfe Kritik äußerten die Sachverständigen unter anderem am Kompromiss zum Emissionshandel und an der Untätigkeit der Regierung beim Lärmschutz.

So sei nichts geschehen, seit ein "ohnehin unzureichender Gesetzentwurf" von Bundesumweltminister Jürgen Trittin zum Fluglärmschutz vor drei Jahren im Kabinett scheiterte. Das Gesetz sei seit 1971 nicht geändert worden. Dabei sei Lärm eine wichtige Ursache von Gesundheitsstörungen, und viele Menschen fühlten sich erheblich belästigt.

Beim Emissionshandel zum Klimaschutz habe die Bundesregierung die "historische Chance einer klimaverträglichen Kraftwerkserneuerung" vertan. Die Kraftwerke seien derart großzügig mit Verschmutzungsrechten ausgestattet worden, dass die Lenkung hin zu klimafreundlicher Technik und Brennstoffen "in dramatischem Umfang abgeschwächt" worden sei. Da fast jedes zweite Kraftwerk in den kommenden 15 Jahren stillgelegt oder erneuert werde, müsse Deutschland langfristig die Weichen hin zu weniger schädlichen Anlagen stellen.

Insgesamt sieht der Rat von sieben Umweltsachverständigen, der die Regierung beraten soll, ein zunehmendes Problem in der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern. Beim Natur- und Gewässerschutz verhindere diese, dass Vorgaben der Europäischen Union schnell genug umgesetzt werden. In beiden Feldern gebe es erhebliche Defizite. Der Umweltrat schlägt vor, dem Bund dabei die Hauptverantwortung zu übertragen. Keinesfalls dürfe im Rahmen der Föderalismusdiskussion den Ländern hier mehr oder gar die alleinige Gesetzgebungskompetenz zugestanden werden.

Sorge macht den Sachverständigen weiter der rasante Flächenverbrauch in der Bundesrepublik. Derzeit werde die Fläche von etwa 150 Fußballfeldern täglich neu versiegelt. Die Gutachter verlangen deshalb Anreize, schon genutzte Flächen umzuwidmen, also zu "recyclen". Helfen könnte aus Sicht des Rats eine "Neuversiegelungsabgabe". Die Einnahmen sollten zur Beseitigung von Altlasten verwendet werden, was die erneute Flächennutzung einfacher machen würde.

Lob erhielt Agrarministerin Renate Künast für ihre Gesetzesvorlage zur grünen Gentechnik. Dieser trage den Erfordernissen weitgehend Rechnung, erklärte der Rat. Hauptanliegen für die Umwelt sei es, dauerhaft gesetzlich sicherzustellen, dass gentechnisch veränderte und herkömmliche Pflanzen nebeneinander existieren können, ohne dass es zu "Auskreuzungen" komme.

Ambitionierteres Vorgehen fordern die Sachverständigen auch von Künast bei der Umsetzung der Agrarreform. Hier müsse ein größerer Teil der Subventionen daran gekoppelt werden, dass die Natur gepflegt und geschont werde. Zu viel Geld werde auch nach der EU-Reform ohne Zweckbindung vergeben.