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Iran: Staatsanwälte vertuschten Vergewaltigungen durch "Sicherheitskräfte"


Revolutionsgarden im Iran
Frauen bei Protesten vergewaltigt – doch die Taten werden vertuscht

Von t-online, lw

Aktualisiert am 08.02.2023Lesedauer: 3 Min.
Einheit der iranischen Revolutionsgarden.Vergrößern des BildesEinheit der iranischen Revolutionsgarden (Archivbild): Zwei "Sicherheitskräfte" sollen zwei Frauen vergewaltigt haben. (Quelle: Reuters-bilder)
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Sogenannte "Sicherheitskräfte" im Iran foltern und vergewaltigen Frauen. Ein Bericht zeigt, was dafür getan wird, derartige Taten zu verschleiern.

Im Iran haben Mitglieder der Revolutionsgarden (IRGC) zwei Frauen während der Proteste im Herbst vergangenen Jahres vergewaltigt. Dies geht aus Unterlagen hervor, die dem britischen "Guardian" vorliegen. Demnach habe die Staatsanwaltschaft die Taten jedoch vertuschen wollen.

Aktivistinnen und Aktivisten prangern immer wieder an, dass sogenannte "Sicherheitskräfte" Demonstrantinnen vergewaltigen. Nun wurde jedoch das erste interne Dokument öffentlich, das einen konkreten Fall belegt, heißt es in dem Bericht. Die Aktivistengruppe Edalat-e Ali habe das Schreiben vom 13. Oktober 2022 zunächst an den TV-Sender Iran International weitergegeben.

Mohammad Shahriari, stellvertretender Staatsanwalt und Leiter der General- und Revolutionsstaatsanwaltschaft von Teheran, habe das Dokument verfasst. Empfänger sei Ali Salehi, ein Teheraner General- und Revolutionsstaatsanwalt, gewesen.

18-Jährige und 23-Jährige vergewaltigt

Darin werde der sexuelle Übergriff durch zwei IRGC-Offiziere auf eine 18-Jährige und eine 23-Jährige enthüllt. Während der Proteste gegen den Tod der Kurdin Mahsa Amini hätten sie die Frauen in Teheran festgenommen und in einem Van missbraucht. Die Beschuldigten hätten die beiden nach eigener Aussage in Gewahrsam genommen, weil sie sich verdächtig verhalten hätten. Wie der "Guardian" schreibt, hätten sie die Telefone der Frauen nach Beweisen dafür durchsucht, dass sie an Protesten teilgenommen hätten.

Demnach würden in dem Schreiben sowohl die Namen der männlichen Verdächtigen als auch der Vergewaltigungsopfer genannt. Die Staatsanwaltschaft sei auf den Fall aufmerksam worden, nachdem eines der IRGC-Mitglieder eine der Frauen nach dem Übergriff angerufen hätte. Diese habe das Gespräch aufgezeichnet und zur Anzeige gebracht. Zunächst habe der Offizier die Vorwürfe abgestritten – dann sagte er aus, die Frauen hätten dem Geschlechtsverkehr zugestimmt.

Beide Männer festgenommen

Der Mann wurde dem "Guardian" zufolge in dem Haus seines Vaters in Teheran festgenommen. Dort wurden Schlagstöcke, Munition, kugelsichere Westen, Polizeifunkgeräte, Handschellen und Ausweise verschiedener Sicherheitsorganisationen gefunden. Auch der zweite Tatverdächtige sei festgenommen und in ein Gefängnis des polizeilichen Nachrichtendienstes gebracht worden.

In den Unterlagen werde ersichtlich, dass die zwei Männer die sexuellen Handlungen mit den Frauen zugegeben hätten – nicht aber die Vergewaltigungen. Demnach sagte der eine Verdächtige aus, dass sie die beiden Frauen während eines Einsatzes im Westen Teherans festgenommen hätten. Die IRGC-Offizieren hätten sie zu einer Wache bringen wollen, doch dort konnten sie nicht aufgenommen werden.

Männer: Es war einvernehmlicher Sex

Der Mann behauptete, die Frauen hätten ihm sexuelle Avancen gemacht und er sei eine sogenannte "Sigheh", eine Zeitehe, mit einer von ihnen eingegangen. Die "Sigheh" ermöglicht es iranischen Männern, zeitlich begrenzte Ehen einzugehen, auch, wenn sie bereits verheiratet sind. Im Fokus steht bei der Zeitehe demnach das sexuelle Vergnügen und nicht die Gründung einer Familie, wie bei der "konventionellen" Ehe. Männer dürfen mehrere Zeitehen eingehen, Frauen jedoch nicht. Diese Form der Ehe kann zwischen 30 Minuten und 99 Jahren halten.

Der Verdächtige nannte zudem drei weitere "Sicherheitskräfte", darunter den anderen Festgenommenen, die an der Vergewaltigung der anderen Frau beteiligt gewesen sein könnten, berichtete der "Guardian". Der zweite Beschuldigte habe demnach zugegeben, Sex mit der anderen Frau gehabt zu haben – jedoch einvernehmlich.

20.000 Menschen seit September 2022 festgenommen

Besonders brisant: In dem Dokument empfiehlt der Staatsanwalt laut "Guardian", den Fall streng geheim zu archivieren – "in Anbetracht der Problematik, der Möglichkeit des Durchsickerns dieser Informationen in die sozialen Medien und ihrer falschen Darstellung durch feindliche Gruppen". Es sei keine Beschwerde registriert worden – deshalb sollten die Beschuldigten ohne Nennung ihrer Namen wieder entlassen werden. Zudem solle die Akte geschlossen werden, ohne zu erwähnen, dass die militärische Institution beteiligt gewesen sei.

Seit dem Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini im September 2022 protestieren Iranerinnen und Iraner unter dem Motto "Women. Life. Freedom" ("Frauen. Leben. Freiheit") landesweit gegen die Regierung. Die Behörden gehen hart gegen die Demonstrierenden vor, bisher sind offiziell vier Todesurteile vollstreckt und mehr als 20.000 Menschen festgenommen worden.

Ende November veröffentlichte der US-amerikanische Fernsehsender CNN eine Recherche zu sexualisierter Gewalt in den iranischen Gefängnissen. Hier lesen Sie mehr dazu.

Verwendete Quellen
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